
Viele Eltern wollen rechtzeitig für die Ausbildung ihrer Kinder vorsorgen. Eine der am häufigsten empfohlenen Lösungen: die Ausbildungsversicherung.
Sie wird gerne von Versicherungsvermittlern ins Spiel gebracht, wenn es um finanzielle Vorsorge für Kinder geht. Häufig übernehmen die Großeltern die Kosten der Ausbildungsversicherung für ihre Enkel.
Doch ist sie wirklich so sinnvoll, wie oft von provisionshungrigen Versicherungsvermittlern behauptet wird? Oder gibt es bessere Alternativen, die Eltern mehr Rendite, Flexibilität und Transparenz bieten?
In diesem Artikel untersuche ich das Thema einmal kritisch. Was sind Ausbildungsversicherungen überhaupt, welche Vorteile werden für sie ins Feld geführt und welche Nachteile haben sie. Ich diskutiere typische Verkaufsargumente und entlarve dabei viele als Mythen.
Zusätzlich vergleiche ich realistische Renditen (nach Kosten!) von Ausbildungsversicherungen mit ebenso realistischen Renditen einer ETF-basierten Alternative. So können Eltern und Großeltern besser beurteilen, wie sie am besten für die Kinder und Enkelkinder ansparen können.
1. Was ist eine Ausbildungsversicherung?
2. Was sind die typischen Verkaufsargumente?
3. Ausbildungsversicherung enthält saftige Provisionen
4. Rechenbeispiel Ausbildungsversicherung vs. ETF-Sparplan
5. Was sagen Verbraucherschützer?
1. Was ist eine Ausbildungsversicherung?
Ausbildungsversicherungen sind im Grunde Kapitallebensversicherungen, die meist auf das Leben eines Elternteils abgeschlossen werden.
Opa und Oma können sie oft gar nicht auf ihren eigenen Namen abschließen, obwohl gerade Großeltern Ausbildungsversicherungen für ihre Enkel oft anstoßen.
Der Grund: Im Todesfall übernimmt die Versicherung die Beitragszahlung, daher akzeptieren sie vielfach keine über 60-jährige als Versicherungsnehmer. Und wenn doch, dann nur mit exorbitanten Risikobeiträgen.
Im Erlebensfall wird am Ende der Laufzeit eine vertraglich festgelegte Summe ausgezahlt, meist zum 18. oder 25. Lebensjahr des Kindes. Die Verträge laufen oft 20 Jahre oder länger. Angelegt wird das Kapital nach Abzug der Anlagenkosten, Provisionen und Risikobeiträgen entweder klassisch verzinst oder in Fonds.
Es handelt sich also um ein Kombiprodukt: ein Teil ist Risikoversicherung, bei dem anderen Teil handelt es sich um eine Kapitalanlage. Die Beiträge werden nur teilweise zur Kapitalbildung verwendet.
Damit ist die Ausbildungsversicherung ein klassisches „Hybridprodukt“ mit entsprechender Komplexität, Inflexibilität und hohen Kosten.
2. Typische Verkaufsargumente für Ausbildungsversicherungen
Die Verkäufer von Ausbildungsversicherungen locken die potentielle Kunden mit drei Verkaufsargumenten:
- Planungssicherheit: Eltern sichern einen festen Betrag zur Ausbildung ab.
- Risikoversicherung: Im Todesfall sind die Beiträge abgesichert.
- Steuerliche Behandlung: Bei Auszahlung gelten günstige Steuerregeln, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind (z. B. Laufzeit beträgt mehr als zwölf Jahre).
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Vorteile fast immer durch Kosten, Intransparenz und geringe Renditen überkompensiert werden.
Die Verkäufer nutzen oft emotional gefärbte Botschaften, um Eltern zum Abschluss einer Ausbildungsversicherung zu bewegen:
- „Sichern Sie Ihrem Kind die Zukunft“
- „Früh beginnen lohnt sich! Mit nur 50 Euro im Monat sichern Sie Ihrem Kind eine Ausbildung“
- „Im schlimmsten Fall ist wenigstens für das Kind gesorgt“
Diese Argumente adressieren gezielt auf das Verantwortungsgefühl der Eltern, und verschleiern oft die finanziellen Nachteile:
- Rendite: der Garantiezins für Lebensvericherungen beträgt gerade einmal 1 Prozent, in Aussicht gestellte „Überschüsse“ und Schlussboni sind nicht garantiert und hieven die Bruttorendite nicht über 2 bis 3 Prozent.
- Kosten: Abschluss- und Verwaltungskosten sind sehr hoch. Oft fließen in den ersten Jahren bis zu 20 Prozent der Beiträge allein in die Abschlussprovisionen für den Verkäufer.
- Flexibilität: Wer z. B. arbeitslos wird oder die Raten nicht mehr zahlen kann, bekommt beim Storno deshalb oft weniger raus, als eingezahlt wurde.
3. Ausbildungsversicherungen enthalten saftige Provisionen
Versicherungsverkäufer unterliegen Fehlanreizen und beraten deshalb meist nicht im Interesse der Kunden. Der Grund dafür ist einfach: Provisionen.
Ein klassischer Ausbildungsversicherungsvertrag mit 25 Jahren Laufzeit und 100 Euro Monatsbeitrag bringt schnell 1.000 bis 1.500 Euro Abschlussprovision. Für freie Vermittler ein finanzieller Anreiz, solche Produkte zu empfehlen – leider sehr oft nicht im besten Interesse der Kunden.
Es ist leider eine Tatsache: Für viele Versicherer, Finanzvertriebe und Vermittler zählen nicht Transparenz oder langfristiger Kundennutzen, sondern kurzfristiger Umsatz und Provisions-Maximierung. Ausbildungsversicherungen lassen sich emotional gut verkaufen, sind einfach zu standardisieren und binden Kunden langfristig – ein klassisches „Cash-Cow“-Produkt der Branche.
Die Abschlussprovisionen werden, wie bei Kapitallebensversicherungen üblich, nur über die ersten fünf Jahre verteilt. Nach fünf Jahren hat also der Verkäufer seine „Schäfchen im Trockenen“ falls der Kunde den Vertrag nach fünf oder zehn Jahren kündigt oder beitragsfrei stellt.
4. Rechenbeispiel: Ausbildungsversicherung vs. ETF-Sparplan
Angenommen, Eltern sparen 100 Euro monatlich über 20 Jahre:
- Ausbildungsversicherung (klassisch, mit 2 Prozent angenommener Rendite incl. Überschussbeteiligung):
-
- Einzahlung gesamt: 24.000 Euro
- Endkapital (nach Kosten/vor Steuer): 29.472 Euro
- ETF-Sparplan (z. B. MSCI World, 6 Prozent Rendite p.a., unter dem Schnitt der letzten Jahrzehnte):
-
- Einzahlung gesamt: 24.000 Euro
- Endkapital (nach 0,1 Prozent Kosten p. a./ nach Steuer): 43.431 Euro
Der Unterschied: fast 14.000 Euro mehr durch den ETF-Sparplan. Und das, obwohl ich hier die Steuer nur beim ETF-Sparplan eingerechnet habe. Sie erinnern sich: ein Hauptargument der Verkäufer von Ausbildungsversicherungen ist der Steuervorteil.
Ich habe aber hier die vollen Abgeltungs-Steuern auf den ETFs Sparplan einberechnet )unter der Annahme des Steuerfreibetrags von 1000 € pro Jahr). Die fällige Steuer auf den Ertragsanteil habe ich bei der Renditeberechnung der Ausbildungsversicherung nicht abgezogen.
Selbst wenn ich den Steuerfreibetrag beim ETF-Sparplan komplett weglasse (z.B. weil der schon durch andere Erträge aufgebraucht ist) kommt man immer noch auf 38.215 € nach 20 Jahren, also annährend 9.000 € mehr als bei der ohne Steuer berechneten Rendite der Ausbildungsversicherung!
Noch gravierender wird der Unterschied, wenn man bedenkt: Bei vorzeitiger Kündigung der Ausbildungsversicherung nach z. B. zehn Jahren sind häufig nur 60 bis 70 Prozent der eingezahlten Beiträge garantiert, da alle Provisionen verbrannt sind und Schlussboni entfallen. Beim ETF-Sparplan hingegen kann das investierte Kapital jederzeit flexibel ohne Abzüge genutzt werden. Sparpläne gibt es bei vielen Online-Brokern komplett umsonst und Depotkosten fallen dort auch nicht an. Und der günstigste MSCI World ETF kostet gerade einmal 0,06 Prozent pro Jahr.
5. Was sagen Verbraucherschützer?
Verbraucherzentralen und Honorarberater äußern sich seit Jahren kritisch zu Ausbildungsversicherungen. Die Hauptkritikpunkte:
- Unzureichende Transparenz- insbesondere die Kosten werden nicht transparent dargestellt und Berechnungen der erzielten und in Aussicht gestellten Renditen sind durch meist fehlende Angaben zum aktuellen Kapitalstand nicht möglich.
- Unflexible Vertragsbedingungen
- niedrige Netto-Renditen
- Verquickung von Risikoschutz und Geldanlage
Die Stiftung Warentest empfiehlt in ihren Finanztests regelmäßig, Vorsorge und Risikoschutz zu trennen. Auch der Bund der Versicherten (BdV) sieht Ausbildungsversicherungen kritisch und rät zur klaren Trennung von Versicherung und Kapitalanlage.
6. Besser: ETF-Sparen plus Risikoabsicherung
Das Prinzip bei der Geldanlage Risikoversicherungen von Vermögensaufbau zu trennen, gilt auch hier.
Eltern, die Risikoschutz und Sparen kombinieren wollen, fahren besser mit einer Risikolebensversicherung und einem separaten ETF-Sparplan:
- Risikolebensversicherung: Ein 30-jähriger Nichtraucher erhält z. B. 100.000 Euro Todesfallschutz für unter 5 Euro monatlich.
- ETF-Sparplan: Auf breite Weltindizes wie MSCI World oder FTSE All World lassen sich bei langer Laufzeit durchschnittlich 6 bis 7 Prozent Rendite erzielen.
Diese Trennung bringt viele Vorteile:
- Kostentransparenz
- Flexibilität bei Einzahlungen und Auszahlungen
- Bessere Renditechancen
Zudem lassen sich ETF-Sparpläne jederzeit kostenlos anpassen, stoppen oder wiederaufnehmen – so kann man flexibel auf etwaige finanzielle Engpässe oder unerwartete Überschüsse reagieren.
7. Ist eine Ausbildungsversicherung sinnvoll?
Ausbildungsversicherungen sind ein Auslaufmodell. Versicherungskonzerne wie Allianz und Ergo haben diese in in einer Zeit konzipiert, in der Zinsen höher, Informationen knapper und kostengünstige Alternativen wie ETFs nahezu unbekannt waren.
Heute bieten sie finanziell und vertraglich nur Nachteile gegenüber modernen Lösungen wie einem ETF-Sparplan und einer separaten Risikolebensversicherung.
Wer seinen Kindern und Enkeln wirklich etwas Gutes tun möchte, investiert lieber selbstbestimmt, transparent und kosteneffizient. Das kann bedeuten:
- Großeltern besparen für ihre Enkel einen ETF-Sparplan ab Geburt
- Evtl. schließen Eltern eine kleine Risikolebensversicherung zur Einkommensabsicherung ab
- Später mündet das Angesparte gegebenenfalls ein Junior-Depot
So lässt sich mit maximal niedrigen Kosten ein Vermögen für die nächste Generation oder Ihre Enkel aufbauen.
Kurzum: Eine Ausbildungsversicherung ist nur sinnvoll, wenn Sie Ihren Versicherungsvermittler reich machen wollen. Und davon gehe ich jetzt mal nicht aus.

Falls Sie sich für die Variante ETF-Sparplan interessieren: Als Honorar-Finanzanlagenberater berate ich meine Kunden dazu regelmäßig. Ich erhalte keine Provisionen, sondern rechne meine Finanzberatung ausschließlich auf Stundenbasis ab.
Wie meine Honorarberatung abläuft, können Sie in meinem Blogpost die sieben Schritte meiner Honorarberatung Finanzen nachlesen. Meine Erstberatung in Länge von 30 bis maximal 45 Minuten ist immer kostenlos und unverbindlich.
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