Finanzberater in der Nähe suchen: sinnvoll oder nicht?

Warum die Suche nach einem „Finanzberater in der Nähe“ oft in die Irre führt

Die Google-Suche „Finanzberater in der Nähe“ gehört nach meinen Recherchen zu den häufigsten Suchtermen im Themenbereich Geldanlage/Altersvorsorge. Auf den ersten Blick ist es ja auch naheliegend: Wer sich in Finanzfragen unsicher fühlt, wünscht sich persönliche Unterstützung – und am besten jemanden, der „um die Ecke“ sitzt. Doch genau hier beginnt das Dilemma. Es geht dabei um die Wahrscheinlichkeit, einen Berater zu finden, der nicht mehr verdient, wenn er Ihnen besonders teure Finanzprodukte empfiehlt. Stand 2025 stehen 310 Honorarfinanzanlagenberatern nach §34h GewO 41.095 Vermittler nach $ 34f GewO (Finanzprodukteverkäufer) gegenüber. Letztere unterliegen massiven Fehlanreizen. Mit anderen Worten: die Wahrscheinlichkeit einen Finanzberater zu finden, der nicht den Fehlanreizen des Provisionsvertriebs unterliegt, liegt bei gut 0,7%!

 

Wer „Finanzberater in der Nähe“ sucht, landet also bei den üblichen Verdächtigen: Sparkassen, Banken oder großen Finanzvertrieben wie DVAG, MLP oder tecis. Was all diese Anbieter eint: Sie verkaufen Finanzprodukte gegen Provision – oft mit undurchsichtigen Kosten, langfristigen Bindungen und eben nicht unabhängig.

 

 

Strukturvertriebe und Banken: Nähe hat ihren Preis

Die meisten sogenannten „Finanzberater in der Nähe“ sind in Wirklichkeit keine Berater im eigentlichen Sinne, sondern Verkäufer. Ob in der Filiale der Hausbank oder beim schicken Termin im Café mit einem Strukturvertriebsmitarbeiter, in fast allen Fällen geht es darum, bestimmte Produkte zu platzieren: Lebensversicherungen, Fondspolicen, aktiv gemanagte Investmentfonds, Bausparverträge oder Rentenprodukte mit hohen Abschlusskosten.

Diese Produkte haben - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche - immer einen oder mehrere der folgenden Nachteile:

• Hohe laufende Kosten, die die Rendite dauerhaft schmälern

• Intransparente Vergütungsmodelle: Der Kunde zahlt, aber oft unbemerkt über versteckte Provisionen oder Kickbacks

• Produktbindung statt Kundenorientierung: Beraten wird, was intern „vertrieblich vorgegeben“ ist und nicht das, was Sie brauchen

• Bei Kapital-Versicherungen: Verträge mit eingeschränkter Flexibilität und oft hohen Verlusten beim vorzeitigen Ausstieg

Was wirklich zählt, ist nicht räumliche Nähe, sondern echte Unabhängigkeit

Obwohl also knapp 99,3% der Berater provisionsorientierte Verkäufer sind, behaupten fast alle von sich „unabhängig zu beraten“. Dabei wird Unabhängigkeit völlig unzureichend definiert: Die allermeisten Finanzprodukteverkäufer behaupten sie seien unabhängig, weil sie Finanzprodukte von verschiedenen Anbietern im Programm haben. Das ist natürlich Unsinn, den nach wie vor besteht bei diesen „Beratern“ der Anreiz den Kunden besonders teure Produkte anzudrehen. Denn je teurer ein Finanzprodukt, desto saftiger sind die Provisionen, die der Verkäufer erhält.

Echte Honorarberater – also Berater, die ausschließlich auf Honorarbasis abrechnen und keinerlei Provisionen annehmen dürfen machen, wie wir gesehen haben, nur einen verschwindend geringen Teil des Markts aus. Noch seltener sind solche Berater direkt vor Ort auffindbar. Heutzutage kann man aber gerade Finanzberatungen sehr gut über Videotelefonie durchführen. Man sitzt sich zwar nicht gegenüber, aber man kann gemeinsam dieselben Sachen oder Websites betrachten.

 

 

Worauf Sie statt räumlicher Nähe bei der Suche nach Finanzberatern achten sollten

Wirklich unabhängige Berater werden vom Kunden direkt bezahlt, statt Provisionen von den Finanzprodukteanbietern zu erhalten. Sie verdienen deshalb nicht mehr, wenn sie Ihnen teuren Unsinn aufschwatzen. Sie erkennen solche Berater daran, dass sie

• Zeit gegen Geld tauschen – also auf Stundenbasis oder gegen eine transparente Pauschale abrechnen

• Ihre Finanzprodukt-Gebühren minimieren (kostengünstige ETFs statt teure aktiv gemanagte Fonds)

• eine Zulassung nach §34h GewO statt §34f GewO besitzen

Diese Eigenschaften findet man so gut wie nie bei klassischen Finanzberatern „um die Ecke“.

 

 

Warum Zoom besser sein kann als das Beratungsgespräch in der Filiale

Immer mehr unabhängige Honorar(finanzanlagen)-berater bieten ihre Leistungen ortsunabhängig per Videotelefonie an. Das bringt klare Vorteile:

• Keine Anreise nötig

• Strukturiertes Vorgehen in mehreren Gesprächen mit Pausen zum Nachdenken

• Man ist nicht auf die Berater in der eigenen Region beschränkt

 

 

Honorarberatung nur besser, wenn kostengünstiger

Es gibt nur einen einzigen Grund, weshalb ETFs besser sind als aktiv gemanagte Fonds: weil sie kostengünstiger sind! Genau dasselbe gilt für die Finanzberatung. Beratung nach Honorar ist zwar tendenziell besser als Provisionsverkauf, aber nur, solange sie auch kostengünstiger für den Kunden ist. Wenn der Kunde 1 bis 1,5 Prozent Verwaltungsgebühr für eine vermögensverwaltende Honorarberatung zahlt, dann spart er, zusammen mit vielleicht 0.2 Prozent Kosten für die ETFs, gegenüber teuren aktiven Fonds nichts ein und hat keine Aussicht eine bessere Rendite zu machen. Bedenken Sie statistisch sind die dauerhaften Kosten für eine Vermögensverwaltung genauso nutzlos wie ein aktives Fondsmanagement: Sie bekommen diese Kosten nicht zurück. Honorarberater, die nur für Ihre Zeit bezahlt werden sind ungleich kostengünstiger. Hier fallen nur Kosten an, wenn tatsächlich eine Beratungsleistung erfolgt.

 

 

Fazit:

 

Nicht die räumliche Nähe zu Ihrem Berater ist wichtig in der Finanzberatung, sondern dass er Sie unabhängig und ohne übertriebene und dauerhafte Kosten berät. Videotelefonie -Beratung (ich nutze meist Zoom) funktioniert einfach und robust. Wer sich wirklich unabhängig und kosteneffizient beraten lassen möchte, sollte dabei nicht nur auf das Etikett „Honorarberatung“ achten, sondern genau hinschauen, was die Beratung kostet und ob dauerhafte Kosten anfallen.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0